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Schicksalsstöcke

Literarische Weltreise zum Frauenwahlrecht: Griechenland

Elenor Avelle hatte uns letzte Woche einen Einblick in Bosnien und Herzegowinas Politikgeschichte gegeben, wir reisen heute weiter nach Griechenland, das sich Claudi Feldhaus einmal näher angeschaut hat.

Weltkarte Bosnien Herzegowina nach Griechenland
©️ Elenor Avelle

Dido Sotiriou, die sozialistische Brückenbauerin

Dido Sotiriou (griechisch: Διδώ Σωτηρίου) war eine der wichtigsten linken Schriftstellerinnen Griechenlands.

Obwohl sie in 1909 im damaligen Smyrna (heute: İzmir) in eine sehr wohlhabende Familie hineingeboren wurde und eine »märchenhafte Kindheit« verbrachte, würde sie ein Leben lang gegen die herrschenden sozialen Ungerechtigkeiten Griechenlands kämpfen.

Dido Sotiriou
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/42/DidoSotiriou.jpg

Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Unternehmen ihres Vaters pleite, und so war die siebenköpfige Familie plötzlich zu einem Dasein in Armut und Plackerei gezwungen. Die kleine Dido hatte jedoch Glück, sie wurde nämlich Onkel und Tante, ein reiches Paar aus Athen, zu sich genommen. Der Griechisch-Türkische Krieg 1922 verschlechterte die Situation ihrer Eltern zusätzlich, schließlich mussten sie Smyrna mit den übrigen vier Kindern sogar im Zuge des Bevölkerungsaustausches verlassen. In Briefen und auf Besuchen erlebte Sotiriou die Kluft zwischen Arm und Reich so aus nächster Nähe mit, Zustände, die für sie unhaltbar waren.

Nach dem Abitur und einem Studium französischer Literatur in Paris und Athen sprengte sie schließlich die Ketten. Sie schloss sich schon 1933 der Gewerkschaftsbewegung an, trat in die Kommunistische Partei (KP) ein und schrieb für diverse antifaschistische Zeitschriften. In den kommenden Jahren sorgte sie als Journalistin und Aktivistin immer wieder für Wirbel. Unter anderem engagierte sie sich in der Diktatur Metaxas in Frauenrechtsorganisationen und positionierte sich trotz der europaweiten Kriegshandlungen laut gegen den Faschismus. Während der Besatzungszeit Griechenlands durch die Nazis arbeitete sie für die Widerstandspresse. Schon 1944 wurde sie Chefredakteurin des Athener Rizospastis, dem Sprachorgan der KP.

Dido Sotiriou war also schon lange politisch aktiv, bevor Frauen in Griechenland überhaupt wählen durften. Ähnlich wie in anderen sogenannten europäischen Männerdemokratien erhielten griechische Frauen relativ spät, erst 1952 das Wahlrecht und dies vorerst nur mit einem Bildungszensus. Im Gegensatz zu Personen, die innerhalb griechischer Grenzen als Mann geboren wurden, mussten sie demnach eine Schulbildung genossen haben, um mit darüber entscheiden zu können, welche Politik ihr Land gestaltete.

Und auch erst in den 50er Jahren schrieb und veröffentlichte Dido Sotiriou ihre ersten eigenen Geschichten. 1959 erschien ihr erster Roman, ihr größter, literarischer Erfolg wurde jedoch ihr zweites Werk »Lebewohl, Anatolien« (Originaltitel: Ματωμένα χώματα, zu deutsch: blutgetränkte Erde) das 1962 herauskam. Es handelte von der Vertreibung der Griech:innen aus Kleinasien, und in der Sicht des Protagonisten, eines Kleinbauern, gab es »keine guten Griechen und keine bösen Türken, nur Menschen, die Opfer werden und dafür teuer bezahlen«. Die Autorin sah darin den Grund, dass das Buch sowohl in ihrer Heimat als auch in der Türkei Anklang fand.

Das Buch wurde in viele Sprachen übersetzt und erhielt in Griechenland über 40 Auflagen. Es gewann sowohl in Griechenland und auch in der Türkei zahlreiche Preise, außerdem wurden ihre Werke »Die Toten warten« (1959), »Das Gebot« (1976) und »Wir werden dem Erdboden gleichgemacht« (1982) mit Preisen dotiert.

Ihr Roman »Gebot« („Εντολή“) verarbeitete den griechischen Bürgerkrieg und spielte aus der Sicht ihres Schwagers Nikos Belogianni, einem kommunistischen Widerstandskämpfer, der Anfang der 50er Jahre inhaftiert und schließlich hingerichtet wurde. Sotirious Schwester Elli Pappa blieb bis 1963 in Haft und gebar während dieser Zeit einen Sohn, den Sotiriou zu sich nahm.

Dido Sotiriou verstarb 2004 im Alter von 90 Jahren an einer Lungenentzündung. Nach ihr benannt ist ein Buchpreis in Griechenland sowie einige literarische Einrichtungen.

Quellen:

https://bibliothek.edition-romiosini.de/catalog/category/dido-sotiriou

https://www.gedenkorte-europa.eu/de_de/article-sotiriou-dido-1909-2004.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Dido_Sotiriou

https://de.wikipedia.org/wiki/Frauenwahlrecht_in_Europa

Von Griechenland machen wir einen großen Sprung nach Nigeria!

Ein Beitrag von Claudi Feldhaus

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