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Schicksalsstöcke

NornenFreitag: Ist es für Frauen besser, in manchen Genres unter Pseudonym zu schreiben?

Da dies ein sensibleres Thema sein kann und wir uns dazu positionieren möchten, gibt es heute ein Statement des Netzwerkes. Die Antworten unserer Nornen findet ihr darunter.

Das Statement des Netzwerkes:

Grundsätzlich steht es allen Schreibenden offen, unter welchem Namen sie ihre Werke veröffentlichen. Ein Pseudonym (oder auch mehrere) bietet Persönlichkeitsschutz, Genreabgrenzung oder schlicht einmal im Leben die Chance, sich einen eigenen Namen nach Wunsch zu geben. Problematisch wird es allerdings dann, wenn weiblich gelesene Schreibende von Marketingstrategien oder gar vom Verlag unter Druck gesetzt werden, sich neutrale oder männliche gelesene Pseudonyme zuzulegen, weil sich ihre Werke in bestimmten Genres sonst nicht verkaufen. Diese Tradition ist alt und schon in den Zeiten sichtbar, als das berufliche Schreiben männlich gelesenen Personen vorbehalten war. Die Brontë Schwestern Charlotte, Emily und Anne veröffentlichten zuerst ihre Arbeiten unter den männlichen Pseudonymen Currer, Ellis und Acton Bell, Mary Ann Evans wurde als George Eliot weltberühmt. Bereits bei diesen historischen Beispielen zeigen sich Gründe, die bis heute relevant sind. Evans wollte sich und ihre Werke von „weiblichen Stereotypen“ abgrenzen, die Bücher der Brontë Schwestern wurden als „böse und brutal“ beschrieben, etwas, das nicht zum „weiblichen Ideal“ passte.

Auch heute noch ist der Druck, ein männliches oder neutrales Pseudonym zu wählen, in den dunkleren, techniklastigen und spannungsgeladenen Genres an stärksten, die traditionell nur oder eher Männern zugetraut werden – etwa SciFi, Horror und Thriller. Gerade in diesen Genres wählen Autor:innen heute oft Pseudonyme mit Initialen statt ausgeschriebener Vornamen, die eigentlich genderneutral wären, aber im Zweifelsfall dann doch gerne männlich interpretiert werden.

Aber auch für männlich gelesene Autoren existiert ein ähnlicher Trend – schreiben sie Romance, Romantasy oder Cosy Crime, ziert in der Regel ein weibliches Pseudonym die Titelseite. Wir finden: an den Ansichten über geschlechtsspezifische Genres wird sich nichts ändern, so lange wir die Geschlechterrollenerwartungen weiter bedienen, in dem wir Geschlechter durch spezifische Pseudonyme verstecken oder verschleiern. Deshalb setzen wir uns im Netzwerk dafür ein, weiblich gelesene Namen von den Vorurteilen zu lösen, nur emotional und nicht fachlich schreiben zu können. Letztlich sollen alle Schreibenden schreiben dürfen, was sie wollen, unter jedem Namen, den sie wählen – ohne Genre-Stereotype und Gender-Klischees.

Goldene Schreibfeder, die eine Reihe Sterne hinter sich her zieht

(Zur Information: Die Frage lautete früher „Warum müssen Frauen in manchen Genres unter männlichem Pseudonym schreiben?“, wurde dann aber umformuliert, da schließlich (in der Regel) niemand gezwungen wird, ein Pseudonym zu verwenden. Die Antworten beziehen sich allerdings teilweise spezifisch auf die alte Formulierung, daher dieser Disclaimer.)

Jol Rosenberg: Weil sie fürchten, sonst nicht ernst genommen zu werden.

Saskia Dreßler: Leider ist es immer noch so, dass bei manchen Genre die Meinung vorherrscht, dass bestimmte Geschlechtergruppen dieses Genre besser schreiben können als andere. Dies ist oftmals (z. B.) in der Science-Fiction der Fall. Hier nehmen Autor*innen Pseudoyme an, weil sonst von ihren Geschichten ein falsches Bild entsteht und diese oftmals nicht gelesen werden. Ich hoffe sehr, dass sich das irgendwann ändert.

Jasmin Engel: Es ist traurig, aber leider so, dass in manchen (Sub)Genres männliche Autoren lange Zeit die Regel waren und weibliche selbst heute noch nicht so akzeptiert werden.

J. Helmond: Ungeachtet der Argumente, die dafür sprechen: Sie MÜSSEN gar nicht, und es wäre längerfristig gesehen besser, wenn sie damit aufhören würden.

Tessa Maelle: Weil die männlichen Gatekeeper ihnen ansonsten den Weg blockieren, aber solange Frauen das (mit)machen, wird sich auch nichts ändern.

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