Schreibende mit Dutt und Brille, Bücherstapel, Schrift Eine Norne, ein Satz, Erika, die Unentschlossene
Schicksalsstöcke

Eine Norne, ein Satz: Erika, die Unentschlossene

Nornen schreiben. Das ist einfach, was wir tun. Und manchmal kommen dabei auch ganz lustige Ideen heraus, wie zum Beispiel die nachfolgende Ein-Satz-Geschichte. 

Die Spielregeln sind denkbar einfach: Norne A beginnt und schreibt einen Satz. Norne B schaut sich diesen – und nur diesen – Satz an und schreibt dazu eine passende Fortsetzung, ebenfalls einen einzelnen Satz. Dann ist Norne C dran. Sie führt die Geschichte ebenfalls fort – sieht dabei aber nur den letzten Satz von Norne B, alles davor bleibt ihr verborgen. 

So entsteht dann eine Geschichte über eine Person namens Erika, deren Name im weiteren Verlauf der Geschichte nie wieder erwähnt wird, und wir können beobachten, wie „So Viel Information Wie Möglich In Einen Satz Quetschen“ zu einer olympischen Disziplin wird, denn natürlich möchte jede Norne ihren Satz nutzen, um die Geschichte so weit wie möglich voranzutreiben. Dass dennoch eine seltsam sinnvolle und kohärente Geschichte mit (unfreiwillig) offenem Ende entsteht, mag von den Schreibkünsten der Involvierten zeugen – oder vielleicht ist es aber auch nur reiner Zufall. 

In jedem Fall ist es die Gemeinschaft und der Spaß, der uns zu solchen Aktionen verleitet. Wir hoffen, euch gefällt unser kleines Projekt genauso wie uns und wünschen euch viel Spaß beim Lesen!

Die Luft im Flur roch nach allem, was sie in dem alten Haus zurückließ.

Erika schloss die Haustür ab und ging mit zügigem Schritt und nur dem Nötigsten im Koffer den Kiesweg entlang zu dem Taxi, das schon auf sie wartete. 

Der Taxifahrer verzog das Gesicht, als sie ihm ihr Ziel nannte, fuhr sie aber nach einiger Überredung bis kurz vor den Eingang.

Sie stieg mit einem unguten Gefühl aus dem Wagen, bezahlte geistesabwesend und wandte sich dann abrupt dem Gebäude zu, wobei ihr das Klacken ihrer Absätze unnatürlich laut vorkam.

Das mulmige Gefühl wurde mit jedem Schritt stärker, es schlich sich wie ein dunkler Schatten an und drohte sie zu überwältigen.

Ihr Herz pochte so stark, dass sie meinte, ihre Knie würden in dessen Takt zittern, doch es half nichts, sie musste weiter gehen.

Trotzdem ging sie weiter, vorsichtig und bei jedem Schritt innehaltend, doch was sie dann sah, ließ ihr Herz fast stehen bleiben.

Waren wirklich schon so viele Jahre vergangen, seitdem sie zuletzt vor dieser alten, mit Ornamenten verzierten Tür gestanden hatte?

Sie schloss die Augen, öffnete sie wieder, dann atmete sie tief durch und drückte die eiserne Klinke der alten Tür hinunter.

Ein kühler Luftzug drang aus dem Raum und glitt über ihr Gesicht. Der Geruch nach Jahren des Verlassenseins, abgestanden und grau. Als Staub in ihre Nase kam, verkniff sie sich ein Niesen. Dann trat sie durch die Tür – und damit zurück in eine Vergangenheit, die sie bewältigt glaubte. 

Wenn sie Glück hatte, blieb ihr noch ausreichend Zeit, den jungen Mädchen die Augen zu öffnen …

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