Weltkarte mit Schriftzug Usbekistan
Schicksalsstöcke

Literarische Weltreise zum Frauenwahlrecht: Usbekistan

Wir lassen Bahrain hinter uns und schauen nach Usbekistan und seine Geschichte. Claudi Feldhaus hat hier einen kleinen Schatz aufgetan.

Weltkarte Bahrain nach Usbekistan
©️ Elenor Avelle

Zulfiya, die Vorzeige-Tashkentin

Zulfiya war eine usbekische Poetin und trägt noch immer den Titel Nationalpoetin. Sie ist in ihrer Heimat und im eurasischen Raum so berühmt, dass nur ihr Vorname genannt wird.

Zulfiya Isroilova wurde 1915 in der usbekischen Hauptstadt Tashkent geboren.

Zulfia Ismailova
Quelle: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4d/%D0%97%D1%83%D0%BB%D1%8C%D1%84%D0%B8%D1%8F.jpg

Über 50 Jahre vor Zulfiyas Geburt wurde Usbekistan von russischen Streitkräften erobert und nach der Oktoberrevolution und dem Sturz der Zarenfamilie wurde Tashkent im Jahr 1918 zur »Hauptstadt der Autonomen Sozialistischen Sowjetrepublik Turkestan innerhalb Russlands« erklärt. Als 1924 die Usbekische SSR innerhalb der Sowjetunion gegründet wurde, war Zulfiya neun Jahre alt.

Tashkent profitierte von den urbanen Modernisierungen durch die Sowjetunion, und wurde gleichzeitig auch zum Zentrum islamischer Aktivitäten in Eurasien.

Zulfiya wuchs zwischen diesen Gegensätzen auf, wählte aber früh für den kommunistischen Weg, der für sie Fortschritt und Bildung versprach. Schon mit 16 Jahren veröffentlichte sie ihr erstes Gedicht im »Ishchi« einer Zeitung für Arbeiter:innen, bereits ein Jahr später erschien ihr erster Gedichtband »Hayot varaqlari« (Seiten des Lebens).

Zulfiya entschied sich für ein Studium der Pädagogik, arbeitete dann aber in der Literaturbranche als Lektorin und Redakteurin. 1938, als ihre Karriere starken Aufwind gewann, erhielten usbekische Frauen das aktive und passive Wahlrecht. Zulfiyas Person wurde zum Beispiel für die moderne Usbekin. Schon in ihren Zwanzigern arbeitete die Poetin und Journalistin für verschiedene Verlage und interrepublikanische Organisationen, außerdem leitete sie unterschiedliche Medien als Chefredakteurin. Mit ihren oft patriotischen Texten machte sie sich einige politische Bewunderer:innen. Sie schrieb für die Propagandamaschine aber auch pazifistische Gedichte sowie über die Natur ihrer Heimat und ihr Leben. Der folgende Text erschien um 1944 in einem ihrer Bücher und ist noch heute Teil der usbekischen Schulliteratur.

Hier wurde ich geboren

… Dass ich hier geboren wurde,

Entgegen dem Leben öffnete ich die Augen hier,

Und hier, ohne die Trauer um die Kindheit loszulassen,

Spürte ich hier Freiheit und Glück.

Hier klingeln die Schlüssel des Frühlings.

Und die Liebe in mir erklang zum ersten Mal,

Dass ich hier bin, in der Stille der lebenden Nächte,

Die Frühlingsgewässer haben mein Geheimnis geglaubt …

(Danke, Shakhlo Juraeva für die Übersetzung aus dem Russischen)

Ihr junger Ehemann Hamid Olimjon, ebenfalls Poet, erlitt 1944 einen schweren Unfalltod. Zulfiya heiratete nie wieder und widmete ihm in den Folgejahren mehrere Werke.

Sie grub sich in Arbeit ein, ging in die Politik, war vehemente Gegnerin der Verschleierung von Frauen und hielt die kommunistische Fahne hoch. Die Sowjetunion dankte ihr das mit Preisen, Ehrungen und Reisen als Teil prominenter Schreibendendelegationen. Ihren Titel Nationalpoetin erhielt sie 1965. 1976 gewann sie den Staatspreis der UdSSR für Literatur und Kunst.

Zulfiya verstarb 1996 in Tashkent. Drei Jahre nach ihrem Tod wurde der Zulfiya Nationalpreis für Frauen in Usbekistan kreiert.

Quellen:

https://wikivisually.com/wiki/Zulfiya_(poet)

https://www.ziyouz.uz/en/uzbek-literature/41-literature-of-30-80s-of-xx-century/120-zulfia-1915-1996

Auszug aus dem Buch: Tashkent: Forging a Soviet City, 1930–1966 – https://tinyurl.com/yb87am33

Soviel zu Usbekistan, aber wir ruhen nicht aus, sondern springen auf unserem nächsten Stopp der literarischen Weltreise nach Indien. Was wird uns Saskia Dreßler berichten?

Ein Beitrag von Claudi Feldhaus

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