Schicksalsstöcke

Gastbeitrag: Reihe – Was ist das eigentlich? Selbstlektorat – Kann man das essen? Testleser finden und behalten von Siiri Saunders

Nein, ist die erste klare Antwort. Leider nicht.

Willkommen zu meiner Reihe „Selbstlektorat“. Man kann es nicht essen, dafür aber wunderbar erklären. Ob es mir geglückt ist oder nicht, darfst du gerne in die Kommentare schreiben. Dies ist der erste von zwei Teilen, die auf der Webseite des Nornennetzes erscheinen.

Testleser – Groblektorat, Feinlektorat, Korrektur, Tipps und Tricks – darum geht´s in dieser Blog-Reihe und wie du es schaffen kannst, die verschiedenen Phasen eines Lektorats umzusetzen. Egal, ob du Selfpublisher bist oder dich für Agenturen und Verlage bewerben möchtest. Ein Lektorat ist für jeden Text unerlässlich! Denn …

Du kannst es nicht alleine schaffen. Wenn du dein Manuskript mehrfach durchgearbeitet hast, wirst du Testleser brauchen. Gute Testleser.

Wie findet man gute Testleser? Wenn du deinen ersten Roman geschrieben hast, vielleicht sogar den ersten Text, wirst du dich nicht zu einer Testleserunde auf einer öffentlichen Leseplattform anmelden. Völlig verständlich und mein klarer Ratschlag!

Das geht schief.

Du hast Familie und Freunde. Beschränken wir uns auf diese. Menschen, die dich und deine Weltsicht kennen, sie womöglich mögen und dir erste gute Ratschläge geben können.

Innerhalb deiner Familie und deines Freundeskreises kannst du lernen, kritikfähiger zu werden, von dir abweichende Meinungen zu akzeptieren oder auch, wie du einen Ratschlag galant ausschlagen kannst. Übrigens, das musst du nicht einmal. Bedanke dich und setze die Ideen um, die dein Manuskript stärken.

Falls jemand daneben gegriffen hat, der Tipp dein Manuskript also verschlechtern würde – poltere nicht drauflos. Gib dir Zeit, darüber nachzudenken.

Wie ist deine Beziehung zu der Person? Angespannt? Kritisch?

Das wird dich wehrhafter machen.

*Übertreibung* Glaubst du der Person jedes Wort? Dann musst du überdenken, ob der Rat deiner Geschichte hilft oder ob du Streit vermeiden möchtest.

Was deiner Geschichte hilft und was nicht, erfährst du im Teil „Selbstlektorat“, die am 24.09.2018 auf meiner Homepage erscheint.

Manche Autor*innen werden dir von Freunden und Familie abraten und dich an Plattformen, entfernte Bekannte oder gar ein Lektorat empfehlen.

Persönlich habe ich – als Anfänger – gute Erfahrungen damit gemacht, Kritikluft innerhalb der Familie und Bekanntschaft zu schnuppern. Ich war unerfahren und brannte für meinen Protagonisten. Hätte mich jemand hart oder gar boshaft kritisiert, wäre ich stumm umgefallen.

Mein Text war mein Baby. Filín war perfekt und die Welt in meinem Kopf vollkommen. Genau – in meinem Kopf.

Das ist der Punkt, an dem Kritiker ansetzen könnten – und natürlich auch dürfen. Immer her mit euren Erfahrungen und Meinungen. Natürlich habe ich bemerkt, dass meine Familie und Bekannte behutsamer mit mir umgegangen sind.

Sie haben mir nicht nach dem Mund geredet oder rosa Herzchen in mein Manuskript gemalt. Die Kritik hätte dennoch ausgedehnter sein können. Also bat ich sie in einer weiteren Testleserunde um konstruktive, schonungslose und ehrliche Kritik.

Ich konfrontierte sie mit meinem Gedanken, dass ich das benötigte und nur das mich weiterbringen konnte. Auf manche Leser*innen musste ich einreden. Ich spürte ihre abwehrende Haltung, meinen Text genau unter die Lupe zu nehmen und mir alles zu sagen, was ihnen auffiel. Das Gespräch half.

Im Nachhinein weiß ich, dass ich ihnen den Maulkorb des Anstands abgenommen habe. Sie trauten sich mehr.

Niemand von ihnen war professioneller Schreiberling oder hatte ein abgeschlossenes Studium in Germanistik. Sie alle einte eines – sie liebten das Lesen. Sie wussten, was sie wollten. Und das sollten sie mir gefälligst schonungslos beibringen.

Die Kritiken konnte ich wunderbar nutzen. Ich habe geweint, geflucht, mich gewehrt, mit ihnen diskutiert und mich beruhigt. Alleine.

Alleine! Das ist der springende Punkt. Ich war bei alldem in meinem stillen Kämmerlein. Ich habe sie nicht mit meiner Meinung behelligt oder gar angefangen, mit den Testleser*innen zu diskutieren. Erlaubt waren Nachfragen meinerseits: Wie war das gemeint? Soll ich das so oder so versuchen? Ich stelle mir das so vor …

Aber erst, wenn ich mich beruhigt hatte!

Wenn du mit deinen Testlesern diskutierst, wirst du sie verprellen. Wenn du dich rechtfertigst, nach dem Motto: „Ja, aber das steht doch da“, wirkst du unprofessionell.

Mag sein, dass du etwas dahin geschrieben hast. Wenn deine Leser es nicht verstehen, bist du in der Pflicht, deine eigenen Worte kritisch unter die Lupe zu nehmen und ggf. zu verbessern.

Das tut weh, es ist furchtbar und dennoch wichtig. Viel wichtiger als dein Ego. Deshalb: Frage nicht in der heißen Phase nach, verhandle nicht. Nimm dir Zeit, die Kritik zu verdauen. Schau erneut darauf. Bitte jemanden um Unterstützung, wenn du unsicher bist. Aber diskutiere niemals mit deinen unbescholtenen Testlesern!

Du hast sie dafür engagiert, dich zu kritisieren.

Wenn deine Testleser über etwas stolpern, werden deine Leser es ebenfalls tun. Desto mehr sie stolpern, desto eher werden zahlende Leser*innen das Buch weglegen – und sei dir gewiss! Diese Leser*innen kaufen kein neues Buch von dir.

Aus diesem Grund respektiere die Meinung deiner Testleser. Werde kritikfähig und lerne aus deinen Fehlern.

Zusammenfassung

  • Für einen gelungenen Text braucht jeder einige Helfer. Ein Text profitiert von verschiedenen Sichtweisen.
  • Ich habe meine ersten Erfahrungen mit Familie und Freunden gemacht. Ich war nicht bereit, mich an ein (strenges) Lektorat oder Fremde zu wenden. Das ist für dich nur ein Gedankenanstoß.
  • Überdenke, wie du Kritik verarbeitest. Nimmst du sie persönlich? Hast du die kritisierende Person dabei im Hinterkopf? Hörst sie womöglich schimpfen? Das ist kein guter Punkt zur Zusammenarbeit.
  • Fordere schonungslose Kritik ein, sobald du dich dazu bereit fühlst! Das ist unerlässlich. Du wirst in diesem Job sehr oft mit Kritik konfrontiert.
  • Beruhige dich, bevor du über Kritik sprichst.
  • Diskutiere nicht mit deinen Testleser*innen und rechtfertige dich nicht! Freundliches Nachfragen wird sicher gerne gesehen.

Am 17.09.2018 geht es auf der Webseite des Nornennetzes mit den Stärken und Schwächen der Testleser weiter.

Ich danke dir für den Aufruf. <3

*Autorin des Beitrag ist Siiri Saunders

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Angelika D.
5 Jahre zuvor

Vielen Dank für den guten Einstieg in die Selbstlektorierung. Du hast hier einige Probleme angesprochen, die es im Familien und Freundeskreis zu bewältigen gibt. Entweder schreiben sie keine Kommentare und lehnen das Testlesen ab, weil sie es sich mit mir nicht verscherzen wollen, oder finden es toll, weil ich es geschrieben habe. Zerrissen wurde bisher noch nichts. 🙂

Siiri Saunders
5 Jahre zuvor
Reply to  Angelika D.

Hallo du Liebe, ich freue mich total über deinen Kommentar, vielen Dank! Schön, dass du gut durch meinen Text gekommen bist. Hast du schon mal versucht, ihnen das klar auszureden? Echte Kritik einzufordern? Ich denke, als Bekannte*r liest man den Text anders, dafür können sie teils auch selbst nichts. An einem bestimmten Punkt muss man sich von Familie und Freunden entfernen. Die Familie etc. kann ein Einstieg für zarte Gemüter sein (wie es viele Schriftsteller*innen sind). Aber sie sind keinesfalls die Lösung! Ich musste mich schrittweise an Kritik gewöhnen und „mein Baby“ loslassen. So hat es mir am besten geholfen.… Weiterlesen »