Schicksalsstöcke

Fantasy und Gewalt – eine Blogparade des Nornennetzes

Fantasy – ganz klassisch sind das Geschichten in denen ein Held die Welt, ein Reich oder doch wenigstens eine schöne Frau retten muss. Gewalt spielt dabei beinahe immer eine Rolle. Oft wird eine idyllische oder zumindest als gut geordnet geschilderte Ausgangssituation durch den Einbruch von Gewalt gestört. Die Königsfamilie wird von einem Ursurpator ausgelöscht, Nazghul jagen wehrlose Hobbits, eine alte Prophezeiung taucht auf und macht den Helden zur Zielscheibe finsterer Mächte. Diese Form der Gewalt ist immer negativ besetzt. Sie ist brutal und oft tödlich, paart sich mit psychischer Gewalt, die oft noch weitere Ausmaße annimmt. Gleichzeitig nutzt der Bösewicht sie gerne, ergötzt sich geradezu daran. Sie ist hier nicht nur Mittel zum Zweck, sondern Teil des Zieles selbst. Dieses Ziel mag primitiv sein, wie Saurons Verlangen, die Welt zu beherrschen, oder psychologisch Gründe haben wie Voldemorts immensem Rachekomplex Muggeln gegenüber, es ist die Grundlage für jegliche Handlung und Gewalt im Roman.

Wir lieben Fantasy – aber braucht es immer Gewalt dabei?
Gut gegen Böse

Gleichzeitig gibt es aber auch die positive Gewalt: Wenn der Held die Herausforderung annimmt und von der Opfer- in die Heldenrolle wechselt, geschieht das in der Regel, indem er selbst gewalttätig wird. Selbst die harmlosen Hobbits wachsen am Ende über sich hinaus. Pippin zertrennt dem König der Nazghul die Beinsehnen und hilft dadurch Eowyn, ihn zu besiegen. Noch deutlicher tritt dieses Phänomen in den Geschichten über Superhelden zutage, an deren Ende oft ein „Bosskampf“ mit dem Superschurken steht. Diesen gewinnt der Held, weil er aufgrund überlegener Kampfmoral letzte Reserven mobilisieren kann, die am Ende auch zu körperlicher Überlegenheit führen. Vor psychischen Qualen schreckt der Held meist genauso zurück, wie vor der gänzlichen Vernichtung des Gegenspielers. Die wird zur letzten, notwendigen Tat, der eine innere Zerrissenheit und Reife des Helden vorsteht. Nie wird Gewalt hier für die eigenen Interessen genutzt, immer gilt sie dem höheren Ziel, andere zu schützen. Ohne den negativen Auslöser wäre die positiv konnotierte Reaktion nicht nötig. Die „gute Gewalt“ besiegt also die „böse Gewalt“.

DER Held

Wenn wir über den Helden der klassischen Fantasy sprechen, ist die männliche Form bewusst gewählt, denn hier ist der Held fast ausnahmslos männlich. Dieses Trope* ist zwar dabei, sich zu verändern, allerdings hat die Änderung kaum Einfluss auf die Rolle der Gewalt. Oft starten Frauen zwar eher wie Hobbits, also schwach und wehrlos, finden dann aber im Lauf der Geschichte einen starken Beschützer, der ihnen körperliche Auseinandersetzungen erspart. Mia, aus der Grim-Reihe ist so ein Fall. Die eigentliche Gewalt wird hier klar männlich verortet, die Frau mag Auslöser sein, der Schlüssel zum Sieg, aber kaum eine aktive Kämpferin. Sie ist es, die immer wieder in Schwierigkeiten kommt und so die Handlung zwangsweise mitgestaltet. Handelnde ist sie dabei in den seltensten Fällen. Andererseits gibt es auch Frauen wie Katniss, die sich von Anfang an selbst behauptet und vor Gewalt nicht zurückschreckt, die im Roman also genauso gut ein junger Mann sein könnte – nur, dass der Verlag dann vermutlich keine Liebesgeschichte verlangt hätte. Eine andere, nicht weniger wichtige Baustelle.

Gewaltige Liebe

Allerdings soll es in dieser Blogparade nicht um Liebesgeschichten gehen, sondern um Gewalt. Da fällt bei Fantasy, die sich vorwiegend an ein weibliches Publikum richtet, noch ein weiterer Aspekt auf: Die fast immer enthaltene Liebesgeschichte ist oft von psychischer Gewalt geprägt, die aber romantisch verklärt wird. Der Protagonist stalkt die Protagonistin, er beschränkt sie und hält sie in jeder Weise klein – und als Motivation seines Handelns wird immer seine übergroße Liebe genannt. Ausgerechnet dieses Verhalten macht ihn zum Helden, der ohne die Frau an seiner Seite nicht leben kann. Dass er dabei dominiert und die Frau in eine von ihm gewollte Richtung zwingt, wird meistens übersehen. Nicht selten ist er ein Entführer, der sie aber nur entführt hat, um sie zu retten, ein gefährliches Wesen, das eigentlich Abstand von ihr halten müsste, dessen Gefühle ihm das aber unmöglich machen. Schmacht, Schmelz, Würg. Dieses Motiv findet sich selbstverständlich nicht nur in der Fantasy, ist aber in der sogenannten Romantasy weit verbreitet und wird offensichtlich gern gelesen.

Macht mit bei unserer Blogparade zu Fantasy und Gewalt
Das vorangeschickt, laden wir** euch ein, in den kommenden Wochen gemeinsam die verschiedenen Aspekte von Gewalt in der Fantasy zu beleuchten. Mögliche Fragen sind:
  • Gehört Gewalt zur Fantasy?
  • Wie wird Gewalt dargestellt?
  • Zu welchen Zwecken wird sie eingesetzt?
  • Können Frauen über Gewalt schreiben?
  • Schreiben Frauen anders über Gewalt als Männer?

Bloggt darüber und gebt uns euren Link im untenstehenden Formular an. Wir werden daraus eine Linkliste erstellen, in der alle Beiträge mit einer Kurzzusammenfassung „anmoderiert“ werden. Gerne dürft ihr unser Bild zur Aktion mit dem Vermerk ©Nornennetz verwenden.

Dafür habt ihr den ganzen August Zeit. Bis 31.08.2018 könnt ihr eure Beiträge schreiben und bei uns einreichen. Wir wünschen uns vielseitige Sichtweisen, positive wie negative Beispiele, wünsche, wie ihr Gewalt in Zukunft in der Fantastik sehen wollt und wie nicht. Geht gerne auf Randthemen wie Diskriminierungen und Mobbing ein, gerne auf Themen, die im Zentrum stehen, wie Kämpfe und Kriege in der Literatur, führt Interviews oder erstellt Leselisten.


    Bisherige Links zur Parade:

    Von offensichtlichen Hintergedanken verborgenen Gewalttaten und unsichtbaren Verletzungen – Möchtegernautorin

    Der Game of Thrones Effekt in Büchern – Rebel Girls Adventures

    Kampfszenen mit Wumms – Diandra Linnemann

    Superhelden und Gewalt – Nike Leonhard

    Das bisschen Folter – Gedankenfunken

    *Wir nutzen hier den englischen Begriff, da er geläufiger ist. Eventuell kennt ihr auch die Bezeichnungen „den Tropus“ aus der Literaturwissenschaft. Gemeint ist hier ein stereotypisiertes Bild aus der Literatur, das gleich mehrere Bedeutungsebenen mit sich trägt.

    **Autorinnen des Beitrags sind Nike Leonard und Eva-Maria Obermann

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    Möchtegernautorin
    6 Jahre zuvor

    Dann liefere ich wohl den ersten Beitrag ab 😉

    Von offensichtlichen Hintergedanken, verborgenen Gewalttaten und unsichtbaren Verletzungen (#Blogparade: Fantasy und Gewalt – #Nornennetz) https://moechtegernautorin.wordpress.com/2018/08/09/von-offensichtlichen-hintergedanken-verborgenen-gewalttaten-und-unsichtbaren-verletzungen-blogparade-fantasy-und-gewalt-nornennetz/