Schicksalsstöcke

Literarische Weltreise zum Frauenwahlrecht – Victoria Ocampo (Argentinien)

Von Neuseeland aus machen wir uns über den Ozean Richtung Argentinien auf.

Eine weiße Weltkarte mit zwei goldenen Flecken in der Position Neuseelands und Argentiniens. Ein roter Pfeil führt vom ersten zum zweiten.


Victoria Ocampo
war eine argentinische Schriftstellerin und Feministin. Sie wurde am 07. April 1890 in San Isidro, in eine der reichsten Familien Argentiniens hineingeboren, war die älteste von sechs Schwestern und erhielt eine umfassende sprachliche und künstlerischen Ausbildung in Europa.

Früh heiratete sie, jedoch hielt die Ehe nur ein paar Monate. Auch wenn Ocampo nach außen hin den Schein (einer funktionierenden Ehe) wahrte, lebte sie als freie Frau; ab 1930 gelang es ihr, offen als solche aufzutreten, mit eigenem Hausstand und eigenem Einkommen – was in den 30ern in Argentinien in der Oberschicht quasi undenkbar war.

1931 gründete Ocampo die argentinische Literaturzeitschrift Sur (dt. Süden). Die Zeitschrift widmete sich auch politischen Themen wie z. B. dem Spanischen Bürgerkrieg, dem Zweiten Weltkrieg und dem Kalten Krieg. Auch die Diktaturen Lateinamerikas wurden behandelt. Die Zeitung wurde erst 1992 – dreizehn Jahre nach dem Tod von Victoria Ocampo – eingestellt.

Das argentinische Unterhaus beschloss per Gesetz am 17. September 1932, dass Frauen über 18, auch wenn sie Analphabetinnen waren, das Wahlrecht hatten. Das wurde aber vom konservativen Oberhaus abgewiesen.

Ocampo war eine Pionierin der argentinischen Frauenbewegung und Verfechterin des Frauenwahlrechts. 1935 trat sie öffentlich für diese Rechte ein und gründete 1936 den Argentinischen Frauenverband, deren Präsidentin sie war.  Als selbsternannte Antifaschistin gewährte sie überdies Exilsuchenden aus Nazideutschland im 2. Weltkrieg Unterschlupf.

Ocampo engagierte sich mit Herz und Seele für Menschenrechte und Demokratie. 1940 gehörte sie als einzige Frau zu den Mitbegründer*innen der Argentine Action zur Bekämpfung der faschistischen Infiltrationen. 1946 trat sie dafür ein, dass Argentinien die Alliierten unterstützen sollte. Sie wandte sich dem aristokratischen Liberalismus zu, der auch für die Rechte der Frauen (u. a. Wahlrecht) eintrat.

Im Februar des gleichen Jahres brachte der Präsident Juan Perón erneut ein Gesetz für das Frauenwahlrecht auf den Weg. Konservative Mitglieder versuchten das Gesetz zu verhindern und zögerten die Abstimmung darüber wiederholt hinaus. Eva Perón, die über die Landesgrenzen hinaus populäre Schauspielerin und Gattin des argentinischen Präsidenten, setzte sich schließlich mit Unterstützung vieler Befürworterinnen für das Gesetz ein und brachte es durch. Die argentinischen Frauen erhielten am 27. September 1947 das Wahlrecht. Die ersten 24 weiblichen Abgeordneten im nationalen Parlament gab es dann im November 1951. Diese wurden zuvor von Eva Perón ausgewählt und zu Kandidatinnen der Liste Partido Peronista ernannt.

Als Juan Perón 1946 Präsident wurde, stellte sich Victoria Ocampo offen gegen ihn. Sie fand seinen Populismus und die Nähe zu den ungebildeten Massen unerträglich. Sie sah Eva Evita Perón nur als Machtmittel des Präsidenten. Das Wahlrecht der Frauen begrüßte sie natürlich grundsätzlich, empfand es aber ebenfalls nur als ein Mittel zur Machtergreifung. Als offene Gegnerin der Peróns wurde sie (allerdings ohne Angaben von Gründen) im April 1953 verhaftet und saß zusammen mit 11 weiteren Frauen für einen Monat in einem Gefängnis in Buenos Aires ein.

Doch auch nach diesen Einschüchterungsversuch verstummte sie nicht. Geschützt von ihrer Beliebtheit, ihrem strategischen Geschick und nicht zuletzt dank ihres Reichtums gelang es ihr im rechts-konservativen Argentinien für Frauenrechte laut einzustehen.

1971 erfüllte sie sich einen großen Wunsch: Eine Ausgabe der Zeitschrift Sur behandelte nur das Thema Frauen. Damit war das Magazin das erste, das sich ausschließlich mit Feminismus beschäftigte. 

Bis ins hohe Alter hielt Ocampo Reden, nahm an Auftritten teil und erhielt Ehrentitel, z.B. die Ehrendoktorwürde der Universität Harvard. Victoria Ocampo verstarb mit 89 Jahren am 27. Januar 1979 an einem schweren Kehlkopfkrebsleiden – sonst hätte sie uns wohl alle überlebt.

Von ihr erschienene Bücher:

  • Victoria Ocampo – Mein Leben mein Werk: Eine Biographie in Selbstzeugnissen
  • Victoria Ocampo: Against the Wind and the Tide (Texas Pan American Series)
  • Drieu: Suivi de lettres inédites de Pierre Drieu la Rochelle à Victoria Ocampo – (Anmerkung es wurden mehrere Bücher von Korrespondenzen zwischen verschiedene Autoren und Victoria Ocampo veröffentlicht. AD)
  • This America of Ours: The Letters of Gabriela Mistral and Victoria Ocampo (English Edition) Kindle Ausgabe
  • En témoignage

Diese Liste erhebt nicht den Anspruch vollständig zu sein. Sie ist nur ein kleiner Querschnitt von den tatsächlichen veröffentlichten Titeln Victoria Ocampo

Quellen:

Autorin: Angelika Depta / Claudi Feldhaus

Der nächste Beitrag führt uns ab dem 02.03.2020 nach Peru.

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