Schicksalsstöcke

Gastbeitrag: Zusammen schreiben von Irina Christmann

Nein, das hier ist keine Belehrung über Grammatik und richtige Worttrennungen, denn da versage ich kläglich. Vielmehr geht es darum, wie ein Gemeinschaftsprojekt gelingen und welche Erfahrungen man daraus mitnehmen kann. Wie gewohnt, wird das meiste meine eigenen Erfahrungen widerspiegeln. Allerdings habe ich** auch bei den KollegInnen rumgefragt, die mir hier, geantwortet haben. An Reaktionen ist alles dabei von “coole Sache” bis “nie wieder”.

Das erste Mal

Mein erstes Projekt lief, sagen wir mal suboptimal und ich würde das in der Art nie wieder machen. Aber wie heißt es so schön, aus Schaden wird man klug, deswegen läuft es seit dem wesentlich besser, auch wenn erst eines dieser Werke erschienen ist. Leider hat sich meine Kollegin entschieden, nicht mehr veröffentlichen zu wollen, so dass es nicht mehr erhältlich ist. Solche Entscheidungen müssen auch mittragen, weswegen man sich vorher gut überlegen sollte was und mit wem man arbeitet. Ich habe keine Sekunde dieser Zusammenarbeit bereut und genau deswegen auch andere Projekte in Angriff genommen.

Ideen teilen?!

Klar ist es eine Herausforderung, die eigene Idee jemandem anzuvertrauen und einen Teil des Werkes in fremde Hände zu legen. Wenn das schief geht, tut es weh, denn die Idee nochmal neu und anders schreiben funktioniert nicht. Ich kenne einige Geschichten, wo man einen Teil der Story behalten und den der Mitautorin ersetzt hat. Aber das fällt, auch wenn es gut gemacht ist, trotzdem auf.

Das Beste aus zwei Welten

Wichtig ist auch, dass man Kompromisse eingehen kann. Jeder hat seine eigene Vorstellung, wie ein Charakter ist und reagiert. Wenn das nicht vorher festgelegt ist, und eine*r eine bestimmte Szene im Kopf hat, die dann plötzlich nicht funktioniert, kann das schon frustrierend sein. Wichtig ist dann, sich selbst zu fragen, ob es wirklich so wichtig ist, dass es genau so passiert, oder ob auch eine kleine Abweichung ebenfalls zum Ziel führt. Da ist es dann sinnvoll – und hier leihe ich mir einen Satz aus dem Artikel über Rezensionen aus, den ich verschoben habe – erst mal durchzuatmen, das ganze sacken lassen und dann weiter machen. “Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird”, hat meine Oma immer gesagt und das stimmt. Aber auch wenn man nur für einen Teil der Story verantwortlich ist, muss es halt passen.

Ausarbeitung und Kommunikation ist beim gemeinsamen Schreiben essentiell (Foto: Eva-Maria Obermann)

Zusammen kann nicht jede*r

Nicht jeder kann und will mit jedem zusammenarbeiten. Und Teams, von denen man dachte, sie müssten wunderbar funktionieren schaffen es nicht, bis zum Ende durchzuhalten. Woran das liegt, kann man pauschal nicht sagen. Ich selbst bin Plantser, halb Plotter, halb Pantser, einen sehr schönen Artikel hierzu gibt es hier. Bis jetzt hatte ich immer Kolleginnen, die das auch so gemacht haben. Das endete dann gerne mal im Chaos, das erst wieder aufgedröselt werden wollte. Einfacher ist es, wenn man eine/n gewissenhafte/n PlanerIn an der Seite hat, und einem bei Bedarf darauf hinweist, dass man falsch abgebogen ist.

Klein anfangen

Zum “üben” ist es vielleicht am einfachsten, sich an einer Anthologie zu versuchen. Jeder hat seine eigene Geschichte, nur das Thema steht fest. Wenn dann jemand für Cover und Layout verantwortlich ist, ist es aber halt auch wie normales schreiben im stillen Kämmerlein.

Eine sehr schöne Gelegenheit einer Zusammenarbeit ergab sich für mich bei einer Anthologie, bei der ich sowieso mitschrieb, als eine Kollegin keine Zeit hatte, ihre Geschichte zu beenden. Sie schickte mir, was sie bis dahin hatte, wir wechselten in der Mitte die Perspektive und mein Prota erzählte den Rest. Es war toll, weil die Grundidee eine war, die ich so nie hatte und ich nur reagieren musste. Auch das würde ich jederzeit wieder machen.

Ein ausführliches Interview zum Thema von und mit Magnus Rembold und mir findet ihr hier.

Mein Fazit:

Gemeinschaftsprojekte sind ganz klar nur war für Teamplayer … jemand der nur sein Ding durchziehen will, wird mit einer/m Schreibpartner/in nicht glücklich werden. Am Ende müssen beide (oder alle) sagen können: Ja, ich will diese Geschichte, so wie sie ist, veröffentlichen!
Aber: lasst Euch nicht unterkriegen, wenn der erste Anlauf nicht funktioniert, aber überlegt Euch, warum es für Euch nicht funktioniert hat und ändert das beim nächsten Mal, macht es besser und vor allem habt Spaß!

**Autorin des Beitrags ist Irina Christmann

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diandralinnemann
5 Jahre zuvor

Danke! Mein Lieblingsbeispiel für gelungene Zusammenarbeit ist natürlich „Good Omens“ – aber ich weiß nicht, ob ich so etwas selbst hinkriegen würde, dafür bin ich viel zu stur. Allerdings, wenn man die gleiche Geschichte aus der Sicht der beiden Protagonisten (oder Protagonist und Antagonist – der ja wiederum glaubt, er sei der Protagonist) schreibt und sich extrem gut abspricht … ha ja, all die Möglichkeiten … )

Irina
Irina
5 Jahre zuvor

Das klingt auch lustig und spannend 🙂