Schicksalsstöcke

Novizinnen fragen nach: Wie wappnen wir uns gegen Kritik (Maelle)

Nachwuchs-Nornen können bei uns nicht nur reinschnuppern, sondern auch aktiv werden. Beispielsweise mit allerlei Fragen und einem Blogbeitrag. Heute hat Maelle drei Nornen zu ihrem Umgang mit Kritik ausgequetscht. Wie ist das eigentlich so bei euch?

Das Schreiben ist ein privater Vorgang, das Veröffentlichen des Geschriebenen das genaue Gegenteil davon. Indem wir** unsere Texte, unsere Gedanken, unser Inneres offenlegen, setzen wir Autorinnen uns gerechtfertigter und ungerechtfertigter Kritik aus, machen uns durch unsere Texte angreif- und verletzbar. Welche unterschiedlichen Methoden haben Nornen entwickelt, um mit Beanstandungen umzugehen? Wie wappnen wir uns gegen Kritik?

… Jetzt aber sagen viele andere Menschen etwas dazu,
ohne dass mir das Gesagte irgendwie helfen würde.
Hanns-Josef Ortheil
– Der Stift und das Papier –

Autoren Urlaub

Unsere Testleserinnen sind die ersten, die an uns kritisieren können. Welche Anweisungen gibt du Deinen Testleserinnen mit auf den Weg?

Laura Kier
Orthografie kannst du noch ignorieren. Ich will vor allem wissen, wo etwas langatmig ist. Was ist unlogisch? Wo handeln Charaktere unpassend? Was fehlt dir? Zeige ich Gefühle deutlich genug? Alles, was dir inhaltlich auffällt. Wo kommst du beim Lesen ins Stocken und wo würdest du am liebsten aufhören oder das Buch gegen eine Wand pfeffern? – Alles, was dir auffällt, kann ich verbessern, bevor es in die Welt hinaus flattert.

Elenor Avelle
Ich wähle meine Testleser so aus, dass ich ihnen keine Anweisungen geben muss. Sollte mal jemand dabei sein, der sich im Ton vergreift, dann lese ich seine Anmerkungen erst gar nicht weiter. Inhaltlich haben sie mir in dem Fall dann nichts zu geben und das ist ja der Sinn bei Testlesern. Das einzige, worum ich gerne bitte: Vergesst nicht hinzuschreiben, was euch gefällt. Was wir mögen, äußern wir viel seltener, als das was uns stört, aber für einen Autoren ist es auch wertvoll zu wissen, was er gut gemacht hat.

Jana Jeworreck
Tatsächlich keine. Es muss sich alles logisch erklären, wenn es das nicht tut, stimmt was nicht. Ich hoffe darauf, dass die Testleser mir das dann mitteilen.

Was erwartest du als Autorin von einer Kritik an deinem Text? Welche Art von Kritik bringt Dich weiter?

Laura Kier
Mit „das ist doof“ kann ich nichts anfangen. „Das ist doof, weil“ ist hilfreich. Sprich ich brauche Begründungen. Warum gefällt etwas nicht? Mir hilft Kritik weiter, die versucht zu erkennen, warum der Text nicht funktioniert. Klar, sachliche Fehler sind leicht zu erkennen. Aber warum etwas nicht funktioniert dagegen sehr schwer. Vorschläge zur Verbesserung nehme ich zwar auch gerne (oft suche ich aber lieber meinen eigenen Weg), aber vor allem die Begründungen brauche ich.
Betalesen und Lektorate sind sehr subjektiv. Durch Hinweise, wie und warum ich etwas verbessern könnte, werden sie für mich deutlich objektiver. Dann ist es nicht nur doof, sondern ich kann nachvollziehen, weshalb.

Elenor Avelle
Jede konstruktive Kritik ist hilfreich. Das können Vorlieben oder Abneigungen sein, bis hin zu Verständnisproblemen oder Irritationen. Der Hinweis darauf, dass ein schmächtiges Persönchen kein ganzes Wildschwein stemmen kann, über den Tipp, dass ich mein aktuelles Lieblingswort zu engagiert benutze, bis zum simplen ’so etwas gefällt mir persönlich nicht, ich habe es lieber wenn‘. Jede Kritik kann einen wertvollen Inhalt haben, den ich beachten sollte. Auch das positive Feedback ist nützlich, häufig an Stellen, die einem anderen Leser nicht gefallen. Das macht die Abwägung leichter, ob es sich dabei um persönliche Vorlieben handelt oder eine Unebenheit im Plot.

Jana Jeworreck
Am wichtigsten ist mir bei dem Feedback durch Testleser stilistische Mängel oder unverständliche Stellen zu klären. Meine Testleser dürfen mir im Prinzip alles sagen nur muss es konstruktiv sein.
Wenn ein Leser dann später etwas nicht mag, will ich den Grund wissen. Ist es einfach eine Geschmackssache? Oder ist es tatsächlich ein Fehler, der behoben werden muss, weil die Szene/Handlung/Situation nicht stimmig ist?
Ich hoffe immer darauf, dass „negative“ Äußerungen für mich etwas enthalten, das ich im nächsten Buch besser oder anders machen kann. Ein einfaches „Mag ich nicht“, ist zwar schade, aber nun eben nicht zu ändern.

Welche Kritik ist für dich am schmerzlichsten?

Laura Kier
Wenn meine Plotlöcher entdeckt werden und meine Charaktere wieder zu schwach sind. Ja, die Charaktere sind eine große Baustelle von mir. Aber gerade diese Kritik hilft mir dabei, den Text nachhaltig zu verbessern, vor allem wenn ich Begründungen oder Ideen bekomme.

Elenor Avelle
Hohn ist etwas, das mich tief trifft. Das liegt vermutlich daran, dass es mich genau bei meiner Schwäche packt, dem Selbstzweifel.

Jana Jeworreck
Wenn Leser Fehler erdichten, die nicht da sind. Das empfinde ich als respektlos, wenn jemand sich nicht die Mühe macht, eine Geschichte richtig zu lesen. Bei meinem ersten Buch hatte ich solche „Rezensenten“, die Dinge behaupten haben, die nicht im Buch standen.
Ich wusste nicht, wie ich mich dazu verhalten sollte. Verteidigen schien mir kindisch, also habe ich es geschluckt. Heute weiß ich mehr und auch wie ich so etwas (er)klären kann.

Wie wappnest Du dich gegen Kritik? Gibt es Kritik, der du dich nicht mehr aussetzt oder hast du andere Schutzmechanismen entwickelt?

Laura Kier
Das finde ich sehr schwierig. Ich denke, man kann sich kaum gegen Kritik wappnen. Bei Testlesern kann ich die Kritik noch vor der Veröffentlichung umsetzen (wenn ich dieser Kritik zustimme), negative Kritik in Rezensionen finde ich da deutlich schwieriger zu handhaben. Jede Kritik ist anders, da kann ich nur die Meinung des anderen respektieren und dann überlegen: „Hätte ich das vor der Veröffentlichung gewusst, hätte ich etwas daran geändert?“ Die Frage hilft mir zumindest oft weiter. Viele Kritik ist durchaus begründet, aber nicht unbedingt mit meinem Schreibstil vereinbar. Ansonsten hilft mir vor allem Abstand halten und auf die positiven Rückmeldungen konzentrieren. Die negative Kritik ignoriere ich allerdings nicht, sondern notiere mir die Anmerkungen, die ich für kommende Veröffentlichungen berücksichtigen möchte.

Elenor Avelle
Ob ich gegen Kritik gewappnet bin, hängt von meiner Tagesform ab. Ich versuche mich anhaltend zu konditionieren destruktiven Einflüssen aus dem Weg zu gehen und mich auf die Menschen zu konzentrieren, die ehrlich und verständig agieren. Das klappt nicht immer, wie die meisten Dinge im Leben. Dann gestehe ich mir auch mal zu traurig zu sein, um das Gefühl der Betroffenheit wieder loszuwerden. Wichtig ist, darauf zu achten, was einem gut tut und was nicht.

Jana Jeworreck
Aus oben genannten Gründen prüfe ich in der Tat inzwischen genau, wem ich was gebe. Allerdings habe ich zugleich noch nicht den Luxus immer „du ja“ und „du nein“ zu sagen, so kommt es eben schon mal vor, das keine Rezension kommt. Das ist mir aber immer noch lieber, als eine (ungerechte oder ungenauer) Schlechte.

**Autorin des Beitrags ist Maelle

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