Schicksalsstöcke

Literarische Weltreise zum Frauenwahlrecht – Maria Leitner (Ungarn)

Aus Polen reisen wir nach Ungarn.

Eine weiße Weltkarte mit zwei goldenen Flecken in der Position von Polen und Ungarn. Ein roter Pfeil führt vom ersten zum zweiten.

Die ungarische Journalistin und Autorin Maria Leitner zählt zu den frühen Vertreter*innen der proletarisch-revolutionären Literatur. Ihre Reportagen, Erzählungen und Romane über die Lebensbedingungen der Arbeiter*innenschicht leisteten einen einmaligen Beitrag zur Sozialgeschichtsschreibung. 

Als linke sozialkritische Autorin und Jüdin sah sie sich 1920 gezwungen, ihre Heimat Ungarn nach politischen Umbrüchen zu verlassen und nach Deutschland zu fliehen, von wo aus sie in den späten 20er Jahren im Auftrag des Ullstein-Verlages in die USA ging. Ihre Erfahrungen verarbeitete sie, um den sozial Benachteiligten – besonders den Frauen – im Amerika und Europa der 1920er Jahre eine Stimme zu verleihen. 

In den meisten Staaten, die in den Krieg involviert waren, vollzog sich bereits um 1918 ein radikaler politischer Umbruch, der u. a. die Einführung des Frauenwahlrechts in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte. In Ungarn hingegen wurde dieses neu gewonnene Recht nur eingeschränkt umgesetzt und erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 trat es vollends in Kraft. 

Leitner hatte es sich als Sozialistin zur Aufgabe gemacht, die Lebensbedingungen der unteren Bevölkerungsschichten und der sozialen Randgruppen mit ihrer Sprache aufzuzeigen und zu verbessern. Nach ihrer Rückkehr musste Leitner Deutschland 1933 aufgrund des aufkommenden Nationalsozialismus verlassen. Im Exil schrieb sie u. a. den Roman »Elisabeth, ein Hitlermädchen«, der dokumentarisches Material illegaler Recherchen beinhaltet. 

Maria Leitner ist eine frühe Vertreterin der Reportageliteratur, in der sie die Verhältnisse der Arbeiter*innenschicht und der Frauen nicht nur von außen betrachtete. Stattdessen begab sie sich während ihrer Reisen selbst in die jeweiligen Milieus, um hautnah von den vorherrschenden Zuständen niedriger Arbeitskräfte berichten zu können. Sie verstarb 1942 in Marseille im Untergrund und erlebte die Umsetzung des Frauenwahlrechts in ihrer Heimat nicht mehr.

Ihre mutigen Reportagen brachten wertvolle Einblicke in die Situation der Frauen der 20er und 30er Jahre, die sie unter Einsatz ihres Lebens zusammentrug und veröffentlichte.

Autorin: Juliet May

Der nächste Beitrag führt uns ab dem 03.02. in den Libanon.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments