Schicksalsstöcke

Kalender 2021: Juli

Das Kalenderblatt

Da dies ein Kalenderblatt ist, könnt ihr es hier downloaden und ausdrucken.

Leider passt nicht die gesamte Geschichte auf die grafische Darstellung, deswegen gibt es diesen Beitrag:

Felicitas Fellnase

Endlich war es soweit! Der Heumond war angebrochen und mit wachsender Genugtuung beobachtete Felicitas, wie die Zweibeiner mit ihren roten Stinkern aus den Unterschlüpfen knatterten. Jedes Jahr zu dieser Zeit begannen sie das Gras auf den Wiesen zu schneiden. Dann bauten sie mit Hilfe metallener Ungetüme, die sie hinten an die knatternden Stinker hängten, lange Schlangen aus totem Grünzeug, um es zu trocknen.

Ein wahres Fest für die Katzen allerorts! Schließlich wurden so die Mäuselöcher freigelegt. Feli war eine stolze Fellnase. Schon viermal waren die Wildgänse aus dem Süden zurückgekehrt, seit sie als kleinste im Wurf zur Welt gekommen war. Aber sie hatte sich durchgekämpft! Niemand konnte es mit ihrem Jagdgeschick aufnehmen, nicht mal der dreifarbige Riesenkater Curley, mit seinen weißen Söckchen. Zugegeben, er hatte bereits ein Kaninchen gerissen. Die waren zu groß für sie. Aber in derselben Zeit hatte sie einen Feldhamster und ein Ziesel erlegt.

Feli hatte die Beute der roten Tigerkatze Mia gebracht. Diese hatte gerade Junge bekommen und war Felis Freundin. Somit waren es, soweit es sie selbst betraf, auch ihre Jungen. Umso wichtiger dass sie mehr Beute heran schaffte.

Mia hatte ein Heumännchen neben einem Bauernhof als Unterschlupf für sich und den Wurf gewählt. Es war eine gute Wahl, denn der hiesige Zweibeiner versprühte kein stinkendes Zeug auf den Feldern, weshalb alles voller Maulwürfe, Feldmäusen und kleinen Tieren war, die sie jagen konnten. Außerdem schliefen die Kleinen beim Zirpen der Grillen ringsum gut.

Als sie diesen Nachmittag den Heuunterstand verließ, versprach sie Mia und den Kleinen, eine fette Krähe mitzubringen. „Leg dich aber nicht wieder mit einem Marder an, Feli. Die sind fies!“, ermahnte ihre Freundin sie.

Felicitas nickte, schmiegte ihr Köpfchen nochmal an die Kinder und ihre Tigerin und eilte dann los. Krähen fing man besser nach der Aussaat, aber auch wenn die Zweibeiner Heu machten, saßen sie überall herum und pickten die Grassamen auf.

Der Schatten der nahen Eiche war kaum weiter gewandert, als aus eben jenem Baum eine dicke Amsel herab glitt und neben einer Heuzeile landete. Der arglose Vogel begann zu picken und Feli pirschte sich an. Die Heuschlange bot ihr gute Deckung. Schon lauerte sie sprungbereit auf der anderen Seite des Grashaufens.

Ihr Hintern wackelte sprungbereit. Die geschmeidigen Katzenmuskeln zuckten und sie schnellte in die Luft. Krallen fanden Federn und Zähne gruben sich ins Nackengefieder … ein kurzes Knacken, ein letztes Zucken … dann war es ruhig. Einige Federn segelten zu Boden. Stille Zeugen ihres Triumphes.

Zufrieden mit ihrem schnellen Erfolg leckte sich Felicitas die Pfötchen, zog den Vogel zu sich heran, bettete ihren halben Körper darauf und putzte sich erstmal. Die Beute heimzutragen würde Kraft kosten und die galt es zu sammeln.

Ein Dröhnen und Knattern weckte die Jägerin. Der Lärm kam immer näher. Es musste eines dieser stinkenden Ungetüme sein, die das Gras schnitten und zusammenschoben. Instinktiv sprang sie los. FLUCHT! Dann fiel ihr ein, dass sie die Beute nicht zurücklassen konnte. Feli drehte um und sprintete zurück, packte die Amsel mit dem Mäulchen und hob gerade wieder den Kopf, um zu fliehen, als eine Metallspitze sie am Kopf traf.

Die Katze blieb benommen liegen. Das Getöse entfernte sich und erstarb kurz darauf ganz. Feli versuchte aufzustehen. FLUCHT! Sie wollte fliehen. Aber alles, was sie zustande brachte, war es, das Köpfchen etwas zu heben. Ihr linkes Auge bekam sie nicht auf und sie schmeckte Blut. Ihre pelzigen Ohren zuckten herum, als sich Schritte näherten.

Felicitas witterte eine Zweibeinerin. Sie kannte den Geruch. Es war eine der Menschlinge von jenem Hof, zu dem auch ihr Heuunterstand gehörte. Manchmal hatten sie ihr Milch hingestellt oder den einen oder anderen Wurstzipfel. Sie fühlte, wie sich Hände unter sie schoben. Die Menschin murmelte irgendetwas und nahm sie mit sich.

Dinge geschahen ganz schnell. Immer wieder verlor die Katze das Bewusstsein. Sie sah das Innere dieser Riesen- Antigrasmaschine. Dann einen grässlichen Raum voller Metall, grellem Licht, schrecklichen Gerüchen – nach ängstlichen Tieren und Dingen, die sie nicht benennen konnte. Schmerzen.

Später ging das Licht wieder an. Zumindest in ihrem rechten Auge. Da war etwas um ihr Köpfchen geschlungen. Der Verstand vernebelt. Feli versuchte aufzustehen, kippte aber direkt wieder um und schlief ein. Als sie erneut erwachte, war es, weil eine Hand die Gittertür vor ihrem Näschen öffnete und ihr ein Schälchen mit Futter hinstellte. Gierig kroch sie hin, um zu fressen. Mia machte sich bestimmt Sorgen um sie und die saftige Krähe lag nun auf dem Feld. Verzweifelt maunzte Feli. Gefangen wie sie war und verletzt konnte sie sich nicht um ihre Familie kümmern.

Wenig später kamen wieder Hände, hoben sie aus ihrem Gefängnis. Sie wurde gehalten und betastet. Verzweifelt tatzte sie nach den Händen, aber sie bekam sie nicht vor die Krallen. Man tropfte ihr Dinge ins Auge und in die Ohren und zwang ihr eklig schmeckende Kügelchen in die Kehle. Schließlich wurde sie wieder in ein kleines Gefängnis gesetzt. Ein anderer Zweibeiner erschien. Felicitas schnupperte. Es war wieder die Frau mit der Riesenmaschine. Diese nahm ihr Gefängnis und trug sie fort. In eines dieser lauten, stinkenden Dinger, mit denen die Zweibeiner über die flachen, grauen Bänder rollten.

Als sie wieder aus der rollenden Kiste gehoben wurde, miaute sie kläglich. Sie hatte Angst. Doch dann öffnete sich die Tür des Behälters und eine Futterschale erschien vor ihrer Nase. Ihr erster Impuls war es, wegzulaufen, aber Feli entschied sich doch zu fressen. Die Menschin beobachtete sie und murmelte beruhigend irgendetwas daher.

Feli überlegte. Die Zweibeinerin war nett. So streifte sie kurz um deren Beine und lief dann zu dem Versteck mit den Jungen. Die Menscheline folgte der Katze und bald schon entdeckte sie die Kleinen und Mia. Wieder stieß sie Laute aus, diesmal höher, und eilte dann fort. Feli hinkte zu ihrer Freundin und ließ sich von dieser erstmal ordentlich putzen. Was für ein Abenteuer! Zum Glück war sie wieder zu Hause. Und wie durch ein Wunder standen fortan vor dem Hof immer ein paar Schalen mit Futter und Milch.

Ein Beitrag von Stephanie Helmel.

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