Goldene Schreibfeder, die eine Reihe Sterne hinter sich her zieht
Schicksalsstöcke

Gastbeitrag: Arbeiten mit Testlesern von Irina Christmann

Testleser … ein Begriff, der verschiedenste Reaktionen bei Autor/innen hervorruft. Die einen lieben diese Phase des Projektes, für die anderen ist es der reinste Horror – und gerade „Neuautor/innen“ stellen sich die Frage woher nehme ich Testleser, was machen die, und wie funktioniert das eigentlich.

Ich selbst habe das Glück, einen ganzen „Pool“ von Testleserinnen zu haben, die ich bitte, mein Manuskript zu lesen. Tatsächlich hätte ich auch gerne endlich einen, noch besser zwei männliche Testleser – wenn sich also jemand angesprochen fühlt … 🙂
Die Zusammensetzung dieser Truppe ist so bunt wie das Leben, und genau das macht sie für mich zu den besten der Welt. Einige schreiben selbst, andere sind „nur“ Leserinnen. Zwei sind wesentlich jünger als ich, jede von uns lebt in einem anderen (Bundes)Land. Für mich heißt das, ich habe ziemlich viele Aspekte abgedeckt, auf die ich selbst aufgrund meiner Lebenssituation gar nicht achte. Sie nehmen meine Dialektausdrücke raus, weisen mich darauf hin, dass heutzutage kein Mensch mehr SMS schreibt und dass es Smartphone heißt, nicht mehr Handy.

Im besten Fall schimpfen sie an den gleichen Stellen mit mir und sind an den Stellen glücklich, wo ich es wollte. Um das zu sehen ist es unheimlich wichtig, dass sie mir jeden Gedanken an den Text schreiben. Oft ergeben sich daraus Dialoge, die ich am liebsten im Anhang veröffentlichen würde.

Zwischenzeitlich gibt es unzählige Gruppen auf verschiedenen Plattformen, an die man sich wenden kann. Vertrauen gehört natürlich dazu, einer vollkommen fremden Person den eigenen Text anzuvertrauen. Bis jetzt hatte ich immer Glück und das schlimmste, was mir je passiert ist ,war, dass ich nur am Ende des Textes ein „tolle Geschichte“ stehen hatte und sonst nichts. Und darauf hatte ich auch noch zwei Monate gewartet. Aber man hat ja auch schon ganz andere Dinge gehört …

Mein System ist eigentlich recht einfach: Ich schicke das Word-Dokument raus und lasse darin rumschreiben. Stellen, von denen ich weiß, dass die nachgearbeitet werden müssen, markiere ich. Manchmal stelle ich auch Fragen, ob ein von mir beabsichtigter Aspekt genug rauskommt.

Wenn ich die Korrekturen zurück bekomme, lege ich Texte zusammen und die dann über mein Original. Klingt jetzt wahnsinnig kompliziert, ist es aber gar nicht. Somit habe ich alle Kommentare und Korrekturen in einem Dokument. Auch das handhabt wohl jede(r) anders und man muss für sich selbst rausfinden, was am besten funktioniert.

Ganz wichtig ist: Ein/e gute/r Testleser/in meckert. Sie/Er sagt dir, wo ein Übergang fehlt, wo sich der Zusammenhang nicht aus dem Text ergibt, wo du schlicht und ergreifend Mist gebaut hast. Sie merken, ob dein Prota gerade halbnackt durch den Schnee rennt, weil du vergessen hast, ihn nach der Dusche was anziehen zu lassen, oder dass in deinem Haus plötzlich ein Zimmer aufgetaucht ist, das es vorher noch gar nicht gab.

Ich gebe es ehrlich zu, manchmal rolle ich mit den Augen oder stehe vom PC auf und fluche erst mal. Weil mir die Anmerkung pingelig vorkommt, weil ich mich über den „Ton“ ärgere, … Wenn ich merke, dass es mich zu sehr trifft, schließe ich das Dokument, oder überspringe einfach, was mich gerade nervt. Oder ich erinnere mich daran, dass ich selbst auch nicht besser bin, wenn ich für jemanden Korrektur lese. Am nächsten Tag/eine Woche/einen Monat später sieht das alles anders aus und ich denke: Danke, dass du mich darauf hingewiesen hast.

Für mich ist diese Phase die wichtigste im ganzen Projekt, die aufregendste und anstrengendste. Danach – vorausgesetzt die Story ist als tauglich eingestuft – kann ich es immer kaum erwarten, endlich fertig zu sein und veröffentlichen zu können. Aber auch nach den Testlesern gibt es ja noch ein paar Hürden. Die bleiben jedoch einem weiteren Blogbeitrag vorbehalten. *zwinker*

Ein Beitrag von Irina Christmann.

Für dich vielleicht ebenfalls interessant...

Abonnieren
Benachrichtige mich bei
guest
6 Comments
Oldest
Newest Most Voted
Inline Feedbacks
View all comments
Luisa_prszt
6 Jahre zuvor

Hallo Irina,

toller Beitrag. Testleser sind einfach ungeheuer wichtig! Aber was mich interessieren würde: wie bist du an deine Testleser gekommen? Ich finde es recht schwierig, weil bei mir Freunde und Familie nicht so viel lesen und einfach auf fremde Leute zugehen… Das stelle ich mir schwierig vor.

Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. LG Luisa

Irina Christmann
Irina Christmann
6 Jahre zuvor
Reply to  Luisa_prszt

Hallo Luisa, eigentlich hat sich das mehr oder weniger ergeben … da ich auf Bookrix im MM-Bereich angefangen habe, der recht überschaubar ist, haben sich ziemlich schnell viele Leute auf meine Anfrage gemeldet. Aus dieser doch großen Gruppe sind einige heute noch dabei und einige sind neu bzw. wechseln durch weil sie nicht immer Zeit haben. Trau dich einfach, frag mal eine andere Autorin, mit der du öfter zu tun hast. Es wird nicht immer und mit jeder klappen, manchmal passt auch einfach die Arbeitsweise nicht zusammen, auch wenn man sich sonst gut versteht. Probiert es mit einem kleineren Text… Weiterlesen »

Tiphaine
6 Jahre zuvor

schöner Beitrag – zeigt genau auf, wie wichtig TestleserInnen sind und warum 🙂

Irina Christmann
Irina Christmann
6 Jahre zuvor
Reply to  Tiphaine

Dankeschön ❤

diandralinnemann
6 Jahre zuvor

Vielen Dank! Meine liebste Testleserin kennt mich so lange, dass sie immer erkennt, was ich sagen wollte, und mir genau erklären kann, wie es für „normale“ Menschen rüberkommt. Alleine dafür hat sie einen Schrein. ^^

Irina Christmann
Irina Christmann
6 Jahre zuvor

Hallo Diandra,
ja so eine hab ich auch ???? Sie hat mir auch direkt auf den Beitrag geschrieben „Da hast du doch mich gemeint!“